08 Nov. Sounding Soil-Leben im Boden hörbar gemacht
Hast du dir schon einmal wirklich überlegt, was der Boden unter deinen Füßen eigentlich ist? Woraus besteht er? Welche Tiere leben darin? Braucht der Boden Pflege? Ich war total überrascht, festzustellen, dass ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht hatte. Ich habe zwar schon des öfteren gedacht, dass wir mit unserer Art zu leben (Schaffe, schaffe, Häusle baue, Straßen usw.), kaum mehr freien Boden sehen. Aber was das für den Boden bedeutet, habe ich nicht wirklich zu Ende überlegt. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass der Boden bleibt, wie er ist. Und natürlich ist das vollkommen falsch.
Was kreucht und fleucht in unserem Boden und kann man das hören?
Dieser Frage gehe ich heute mit Marilena vom Projekt Sounding Soil (Klingender Boden) auf den Grund. Marilena, die Projektmitarbeiterin bei Sounding Soil ist, hatte Lust, mir über ihre Arbeit und das Projekt Auskunft zu geben. Deshalb haben wir uns kurzerhand zu einem Online-Interview getroffen (für ein Interview in die Schweiz zu fahren, war mir dann doch zu weit, obwohl es dort sehr schön ist 😉 )
Marilena ist von Hause aus Geologin. Während ihres Studiums hat sie sehr viel über die Natur und die Umwelt gelernt und auch über die sehr langsamen Prozesse darin. Ihr wurde im Zuge ihrer Ausbildungen bewusst, dass ihr der Job als Geologin wie er heutzutage gestaltet ist, nicht zusagt. Das liegt hauptsächlich daran, dass im typischen Geologenjob zwar mit der Natur umgegangen wird, aber wenig für die Natur und ihren Schutz getan wird. In Folge dessen hat sie diverse Praktika absolviert, weil die Idee entstand, in der Umweltpädagogik aktiv zu werden. Dieses Ziel hat sie mit ihrem Job bei Sounding Soil erreicht! Ihre Aufgabe bei Sounding Soil ist vor allem die Sensibilisierungsarbeit. Ihr geht es darum, den Boden bekannter zu machen und zu zeigen, wie lebendig der Boden ist. Sie versucht, Menschen wie dich und mich, Kinder, Jugendliche und jeden Interessierten (und vielleicht auch die, die noch nicht interessiert sind) dafür zu sensibilisieren, wie wichtig der Boden für uns ist, bewusster mit dem Boden umzugehen, ihn überhaupt wahrzunehmen. (Ist dir schon mal aufgefallen, wie viel Boden überbaut ist?….Ich finde das gruselig!)
Was genau macht Sounding Soil ?
Ziel war und ist, die Geräusche des Bodens aufzunehmen und darüber zu erfahren, wie lebendig es im Boden zugeht. Dazu hat Markus Maeder (seines Hauses Musiker) ein Mikrofon entwickelt, das ca.10cm lang ist und wie eine etwas breitere Nadel geformt ist. Dieses Mikrofon wird im Boden versenkt und die Geräusche können mit dem dazugehörenden Aufnahmegerät festgehalten und analysiert werden.
Faszinierend daran ist, dass nicht nur Bewegungsgeräusche, sondern auch Kommunikationsgeräusche von Tieren im Boden zu hören sind. Diese völlig neue Herangehensweise zeigt uns wie lebendig der Boden unter unseren Füßen ist.
Die Erfahrung, Boden zu hören ist einzigartig. Egal ob Menschen schon viel über den Boden wissen oder nicht, ob jung, ob alt -spannend ist das für alle. Über das hörbar gemachte Leben im Boden kann ein neues Bewusstsein für den Boden gestärkt und/oder entwickelt werden.
Sounding Soil verleiht Geräte an Privatpersonen, aber auch an Lehrer und Forschungstreibende, die mit dieser Methode arbeiten, um das Bewusstsein für den Boden zu schärfen oder neue Ergebnisse zum Thema Boden zu bekommen.
Bei verschiedenen Events oder Messen hat Sounding Soil Stände, an denen du Fragen stellen kannst oder du betrittst einen Container, in dem eine Soundinstallation läuft. Hier fühlst du dich wie der Regenwurm im Boden. Absolut beeindruckend.
Bei Sounding Soil kannst du ein Aufnahmegerät leihen, um deine eigenen Aufnahmen zu machen und zu hören, was in deinem Garten, dem Wald oder deinem Hochbeet so los ist. Allerdings geht das zurzeit nur für Menschen, die in der Schweiz leben. Der Wunsch ist aber da, auch länderübergreifend agieren zu können.
Was können wir aus den Aufnahmen lernen?
Beim Durchhören der Aufnahmen, die du unter https://www.soundingsoil.ch/zuhoeren finden kannst, stellt sich heraus, dass es deutliche Unterschiede gibt, je nachdem, wo die Aufnahme gemacht wurde.
Ist es ein Kartoffelacker oder eine Graslandschaft, die nicht bewirtschaftet wird. Ein Hochbeet oder ein Waldstück.
Deutlich ist, dass je diverser die Vegetation auf dem Boden ist, desto diverser ist es auch darunter. Je weniger Bewirtschaftung stattfindet, desto lebhafter ist es im Boden.
Was für Biodiversität oberhalb des Bodens gilt, gilt also auch im Boden.“Biodiversität oder schlicht „biologische Vielfalt“ ist in den biologischen Wissenschaften ein Bewertungsmaßstab für die Fülle unterschiedlichen Lebens in einem bestimmten Landschaftsraum oder in einem geographisch begrenzten Gebiet.“, sagt Wikipedia. Ein klarer Zusammenhang ist erkennbar. Oder in diesem Fall: hörbar.
Wie kommunizieren die Tiere im Boden miteinander?
Bisher ist das noch nicht wirklich erforscht. Es ist aber mittlerweile klar, dass die Tiere ähnlich wir Grillen, ihre Flügel oder Beine aneinander reiben. Möglicherweise wird so eine Art Revier abgesteckt.
Die Geräusche gehen von knisternd, zischend über klopfend bis zum Klang einer Bohrmaschine (nur eben nicht so laut…). Das ist schon sehr faszinierend zu hören.
Wer ist bei Sounding Soil beteiligt?
Eine ganze Reihe Partner gibt es an der Seite. Zu nennen ist die Zürcher Hochschule der Künste ZHdK , die mit Markus Maeder den Initiator des gesamten Projektes geliefert hat. Zurzeit schreibt Markus Maeder an seiner Doktorarbeit. Er ist nicht nur Ideengeber des Projektes, sondern gibt Kurse in der ZHdK und arbeitet mit dem Nürnberger Staatsorchester zusammen. Die Aufnahmen der Tiere im Boden sind eine reiche Quelle, auch auf musikalischer Ebene.
Außerdem möchte ich noch Biovision, Stiftung für ökologische Entwicklung,nennen, die ebenfalls von Anfang an dabei waren.
Was Marilena noch sagen möchte!
Marilena gibt ganz konkrete Handlungstipps.
Angefangen mit dem Einkauf: Achte auf Biosiegel. Denn hier kannst du sicher sein, dass der Boden nicht mit Pestiziden und synthetischen Düngern belastet wird.
Hast du einen eigenen Garten, kannst du ihn möglichst vielfältig bepflanzen. und wenig brach liegenden Boden im Garten zu haben, der leichter austrocknet.
Und zuletzt noch ihr Aufruf, abzustimmen und zwar richtig. Parteien zu wählen, die den Umweltschutz im Programm haben. Parteien, die versuchen unsere Umwelt natürlich zu erhalten oder wieder in den natürlichen Ursprung zurückzuversetzen.
Danke Marilena für das informative und sehr nette Interview!
Das Sprichwort „Den Boden unter den Füßen verlieren“ ist zwar metaphorisch gemeint. Tatsächlich trifft es aber den Nagel auf den Kopf! Wenn wir kein neues Bewusstsein für unseren Boden entwickeln, werden wir ihn buchstäblich verlieren. Ohne gesunden Boden werden wir Schwierigkeiten mit unserer Nahrung bekommen. Aber auch der Nahrungskreislauf unserer Tierwelt ist durch die immer mehr verlorengehende Biodiversität(auch Artenvielfalt) bedroht.
Hast du schon mal über den Boden nachgedacht, auf dem du dich täglich bewegst? Wie empfindest du ihn? Ich freue mich auf deinen Kommentar
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